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List-Forum 01-02/2022

Frank Daumann & Florian Follert: Einige ökonomische Überlegungen zu (Fehl‑)Anreizen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes im Strafprozess

Die ökonomische Rechtsanalyse kann durch ihr spezifisches Instrumentarium und ihre Konzentration auf das Effizienzprinzip mögliche Fehlallokationen aufdecken und dem Gesetzgeber Alternativvorschläge unterbreiten. Der vorliegende Beitrag widmet sich der Rechtsanwaltsvergütung im Strafprozess und arbeitet auf Basis des ökonomischen Ansatzes heraus, dass die gegenwärtige Ausgestaltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sowie die diesbezügliche Ausweitung der Rechte des Angeklagten Anreize setzen, die Verfahrensdauer über ein aus ökonomischer Sicht optimales Niveau hinaus auszudehnen, aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ineffizient.

 

 

Die Politik strebt eine Stärkung der Tarifautonomie durch eine Stärkung der Tarifbindung an. Die vorliegende Untersuchung zeigt anhand einer Analyse von Ergänzungs- und Haustarifverträgen in der Metall- und Elektro-Industrie, dass es unterschiedliche Formen von Tarifbindung gibt, die mit einer unterschiedlichen tariflichen Regelungsbreite und mit unterschiedlichen Kostenniveaus verbunden sind. So kam es durch Ergänzungstarifverträge zu Ersparnissen von durchschnittlich 5,8 %, wobei die Spanne der monetären Abweichung vom Branchentarifvertrag zwischen Mehrkosten in Höhe von 8,6 % bis hin zu Einsparungen in einem Volumen von 33,9 % lag. Andererseits gibt es tarifungebundene Betriebe, die sich eng am Branchentarifvertrag orientieren, möglicherweise sogar enger als Betriebe, die über Ergänzungstarifverträge vom Branchentarifvertrag abweichen. Wenn die Politik Tarifbindung stärken will, sollte sie auf die gelebte Tarifbindungspraxis Rücksicht nehmen.

 

Achim Wambach: Wettbewerb in der digitalen Ökonomie

Es gibt kaum ein Thema in der Wirtschaftspolitik, das weltweit so viele Kommissionen, Ausschüsse und ad-hoc Gremien beschäftigt hat, wie die Frage nach der „richtigen“ Wettbewerbspolitik in der digitalen Welt. Auch die Wirtschaftswissenschaften haben sich darauf eingestellt: Ein ganzer Forschungszweig, die Industrieökonomik, hat sich mittlerweile zu großen Teilen der Erforschung von digitalen Plattformen verschrieben. In diesem Beitrag gehe ich auf die ökonomischen Grundlagen der digitalen Ökonomie ein, die ein Umdenken in der Wettbewerbspolitik notwendig machten. In einem zweiten Schritt diskutiere ich ausgewählte Aspekte der legislativen Reformen in Deutschland und Europa unter Berücksichtigung der ökonomischen Grundlagen. Die Arbeit endet mit einem Ausblick auf die 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.

 

 

Obwohl Leistungen in der Forschung nicht unabhängig von den jeweils gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen sind, bleiben letztere bei einem Vergleich von Forschungsleistungen jedoch häufig unberücksichtigt. Basierend auf Daten zur personellen und finanziellen Ausstattung durch den Hochschulträger können wir vier Gruppen wirtschaftswissenschaftlicher Abteilungen an Universitäten in Deutschland identifizieren und vergleichen Promotionen, Drittmittel, Publikationen und Platzierungen im Ranking der Plattform Research Papers in Economics (RePEc) als gängige Indikatoren für Forschungsleistungen. Die empirischen Ergebnisse bestätigen erwartungsgemäß Zusammenhänge zwischen Inputs und Outputs. Besonders bedeutsam für den quantitativen Forschungsoutput (insb. abgeschlossene Promotionen und Publikationen je Professur) scheinen die Anzahl der Studierenden je Professur und die damit zusammenhängende personelle Ausstattung der Professuren zu sein. Top-Publikationen und hohe RePEc-Platzierungen finden sich hingegen insbesondere in Abteilungen mit tendenziell größerem und jüngerem Professorium. Andere Abteilungen leisten dennoch vielzitierte Forschung, ohne dass sich hier aber eine eindeutige Tendenz bezüglich der Inputfaktoren zeigt. Die Analyse unterstreicht die Notwendigkeit einer Differenzierung bei Leistungsvergleichen und soll als Diskussionsanstoß für die Weiterentwicklung der Wirtschaftswissenschaften in Deutschland dienen.

 

 

Die jüngste Verschärfung der nationalen Klimaschutzziele erfordert die Ergreifung zusätzlicher umwelt- und klimapolitischer Maßnahmen sowie eventuelle Nachbesserungen bei den bestehenden Maßnahmen, etwa einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Dies führt unweigerlich zu höheren Lasten für die Bürgerinnen und Bürger. Damit einher gehen zahlreiche Fragen, etwa zu deren Präferenzen und Gerechtigkeitsvorstellungen bezüglich dieser Maßnahmen. Zur Beantwortung dieser Fragen wurde im Juni 2021 eine Erhebung unter rund 8000 Mitgliedern des forsa-Haushaltspanels durchgeführt. Die Erhebung beinhaltete ein randomisiertes Kontrollexperiment, um herauszufinden, welche von zwei Finanzierungsalternativen die Befragten beim Ausbau der erneuerbaren Energien bevorzugen: die Finanzierung über die Stromrechnung oder durch den Staat, der dazu auf Steuereinnahmen zurückgreift. Das zentrale Ergebnis bezüglich der beiden zur Wahl gestellten Finanzierungsalternativen lautet: Die große Mehrheit der Befragten votiert dafür, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien aus Steuermitteln des Staates finanziert wird. So halten 69,7 % der Befragten der Kontrollgruppe eine Finanzierung durch den Staat für die gerechtere Alternative. Mit der Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 und der gänzlichen Finanzierung der Kosten der Förderung der Erneuerbaren aus Steuermitteln hat die Politik den Präferenzen der Mehrheit der Befragten entsprochen. Allerdings konterkarieren die insbesondere aufgrund der explodierenden Erdgaspreise stark gestiegenen Stromerzeugungskosten die dämpfenden Effekte der Abschaffung der EEG-Umlage. Dadurch steigen die Strompreise für die Verbraucher aktuell massiv an, um 50 % und mehr gegenüber dem Jahr 2021. Deshalb sollte die Politik weitere Maßnahmen ergreifen, um die privaten Haushalte beim Strompreis substantiell zu entlasten, nicht zuletzt durch die Senkung der Stromsteuer auf den EU-Mindestsatz. Andernfalls könnten die stark gestiegenen Strompreise in Kombination mit den mit der Zeit wachsenden Belastungen durch die neu eingeführte CO2-Bepreisung fossiler Brenn- und Kraftstoffe eine hohe soziale Sprengkraft entfalten.


Eugen Wendler: Ein Epigone bekennt sich zu den Herausgebern der Gesamtausgabe der Werke von Friedrich List und sieht sich in deren Nachfolge

Seit 5 Jahrzehnten steht die Erforschung von Leben, Werk und Wirkungsgeschichte von Friedrich List (1789–1846) im Zentrum der wissenschaftlichen Arbeit von Eugen Wendler. Im Laufe der Zeit sind ca. 30 Monographien und eine größere Anzahl von wissenschaftlichen Aufsätzen und journalistischen Artikeln entstanden. Dabei baute Eugen Wendler auf der unschätzbaren Vorarbeit der Herausgeber der Gesamtausgabe von Lists Werken von 1925 bis 1935 auf.

Der vorliegende Aufsatz vermittelt einen Überblick über die Buchpublikationen von Eugen Wendler zur List-Forschung. Mit seinem eindrucksvollen Oeuvre bekennt er sich zum letzten lebenden Fossil in der Nachfolge der FLG und erweist damit den Herausgebern die gebührende und längst überfällige Wertschätzung und Achtung.

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