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List Forum 4/2019

Thomas Jost, Karl-Heinz Tödter: Eine neue Fiskalregel für die Eurozone: einfach, transparent, kontrollierbar

Die Maastricht-Regeln und die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) zur Staatsverschuldung in der Eurozone haben sich nicht bewährt. Das Regelwerk ist zu komplex, es verlangt unsichere Prognosen, die Überwachung und Durchsetzung unterliegt politischen Einflussnahmen und eine Sanktionierung findet nicht statt. Eine neue und praktikable Regel sollte folgenden Anforderungen genügen: sie soll am Kernproblem der Überschuldung ansetzen, dem politischen Bewertungsprozess entzogen sein, die Souveränität der Mitgliedsländer über ihre Haushaltspolitik bewahren und dabei möglichst einfach, transparent und kontrollierbar sein. Die hier diskutierte neue Defizitregel knüpft am Schuldenstand der Euroländer an und sie entkoppelt die nationalen Fiskalpolitiken von der supranationalen Geldpolitik der EZB für die Eurozone. Im Gegensatz zur starren 3 %-Regel des korrektiven Teils des SWP ist die neue Regel flexibel und in der Lage, übermäßig hohe Schuldenquoten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums abzubauen, selbst dann, wenn das nominale Wachstum schwach ausfällt. Das haben Simulationsrechnungen über 15 Jahre mit zwei unterschiedlichen Szenarien sowie die hypothetische Anwendung der neuen Regel auf die EWU-Länder für das Jahr 2018 bestätigt.

 

Gunther Schnabel, Tim Sepp: 30 Jahre nach dem Mauerfall. Ursachen für Konvergenz und Divergenz zwischen Ost- und Westdeutschland

30 Jahre nach dem Mauerfall wurde keine volle Konvergenz der Wirtschaftsleistung und der Lebensverhältnisse zwischen Ost- und Westdeutschland erreicht. Das Papier zeigt die unvollständige Konvergenz bei Produktivität, Einkommen, Steueraufkommen und Vermögen auf. Es diskutiert mögliche Gründe wie das Erbe der Planwirtschaft, wirtschaftspolitische Fehler bei der Wiedervereinigung sowie die ungleiche Konzentration von großen Unternehmen. Darauf aufbauend werden die Hartz-Reformen, die regionalen Verteilungseffekte einer zunehmend lockeren europäischen Geldpolitik sowie der schleichende Verlust einer marktwirtschaftlichen Ordnung als alternative Ursachen für die unterbrochene Konvergenz diskutiert. Daraus werden wirtschaftspolitische Empfehlungen für eine Konvergenz der Wirtschaftskraft in Ostdeutschland abgeleitet.

 

Karsten Mause: Fußballspiele, Polizeieinsätze und Steuerzahler: Ökonomische Anmerkungen zur Polizeikosten-Debatte

Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob es aus ökonomischer Sicht zu rechtfertigen ist, dass in Deutschland der allgemeine Steuerzahler die Kosten für die an Spieltagen im Profifußball anfallenden Polizeieinsätze finanziert. Diese Frage wird zwar in Politik und Öffentlichkeit sowie im juristischen Schrifttum seit langem und anhaltend diskutiert, aber im Vergleich dazu in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur relativ selten behandelt. Die angestellte ökonomische Analyse, in der die Hauptargumente der Verteidiger einer Sozialisierung der Polizeikosten hinterfragt werden, kommt zu dem Ergebnis, dass die Veranstalter unter bestimmten Bedingungen an den Polizeikosten zu beteiligen sind; was in Deutschland bislang lediglich bei sog. „Hochrisikospielen“ im Bundesland Bremen der Fall ist. Ein Ergebnis, das bei „Fans“ der Polizeikosten-Sozialisierung (insb. Fußballvereine/-verbände) sicher „Buhrufe“ und „Pfiffe“ ernten wird.

 

Aloys Prinz, Hanno Beck: Cash is King? Zur Rolle des Bargelds in den kommenden Jahrzehnten: Ein Vorschlag

Obwohl digitale Zahlungsmittel als effizienter und schneller gelten, ist die Nachfrage nach Bargeld in den meisten westlichen Industrienationen ungebrochen hoch. Bargeld wird als sichere Anlage in unsicheren Zeiten gesehen, der Bedarf an sicheren Anlagemedien ist hoch. Anstatt Bargeld abzuschaffen, sollte der Staat diesem Bedürfnis der Bürger nachkommen und eine neue Bargeldklasse mit hoher Denomination einführen, die ausschließlich der Wertaufbewahrung und nicht zu Transaktionszwecken dient. Dieser Beitrag diskutiert die Vor- und Nachteile dieses Vorschlags.

 

Eugen Wendler: Was kann die heutige Wirtschaftswissenschaft von Friedrich List lernen?

In einem von Harald Enke und Adolf Wagner herausgegebenen Gedenkbuch „Zur Zukunft des Wettbewerbs – In memoriam Karl Brandt (1923–2010) und Alfred E. Ott (1919–1994)“ (Enke und Wagner 2012) habe ich einen Beitrag über „Friedrich List als Techniker – das technologische Fundament seines ökonomischen Gedankengebäudes“ (S. 101–118) publiziert. Dieser bildet auch die Grundlage des vorliegenden Aufsatzes. Allerdings habe ich diesen in wesentlichen Punkten umgearbeitet und erweitert. Im Einzelnen wird auf folgende Aspekte eingegangen: Technische Projekte von Friedrich List vor seiner Auswanderung in die USA, List als Eisenbahnpionier, zwei mysteriöse Patentanmeldungen, technologische Vorbilder und Kurzmitteilungen über andere technische Erfindungen, zwei Denkschriften an den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. sowie Lists Visionen zur technologischen Revolution im 19. Jahrhundert.

Es erscheint nicht zu hoch gegriffen, wenn man daraus den Schluss zieht, dass List auch als Technikfreak angesehen und eingestuft werden kann. Insofern ist er ein Vorbild für alle Wirtschaftswissenschaftler, die sich nicht nur mit der Analyse eines zurückliegenden oder aktuellen Untersuchungsobjektes zufriedengeben, sondern auch Ausblicke wagen und sich fragen, wie sich ihr Untersuchungsgegenstand in der Zukunft in technologischer Hinsicht mutmaßlich entwickeln wird, welche Schlussfolgerungen sich daraus ergeben und welche Instrumente bzw. Maßnahmen in diesem Zusammenhang ratsam erscheinen; – ein derartiger Ausblick ist ja praktisch bei den meisten Studien und Analysen erforderlich.

 

Tobias Thomas, Susanne Cassel: Mehr direkte Demokratie auf Bundesebene

  • Politikanalyse:

    • In Deutschland sind Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene in der Regel unzulässig.

    • Direkte Demokratie führt zu niedrigeren Staatsausgaben, geringerer Staatsverschuldung, weniger Steuerhinterziehung und zu höherer Wirtschaftsleistung.

    • In direkt-demokratischen Systemen sind Bürgerinnen und Bürger besser über Politik informiert.

  • Politikempfehlung:

    • Einführung direkt-demokratischer Elemente auf Bundesebene.

    • Änderung des Grundgesetzes bspw. in Anlehnung an Art. 138 ff der Schweizer Bundesverfassung.

Verantwortlichkeit: